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Gicht in der Familie - entscheiden Gene oder Lebensstil?
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Warum Gicht – Genetik oder Lebensstil?

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Gicht ist eine chronische Erkrankung, die auf Gelenke und verschiedene Organe im Körper Einfluss nimmt. Diese Krankheit kann langfristige, gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. Erhält man selbst diese Diagnose, stellt sich schnell die Frage: Warum trifft mich diese Erkrankung so unvorhergesehen und hätte sie verhindert werden können?

Bei der Recherche nach Antworten rücken zwei entscheidende Faktoren in den Vordergrund: Die Genetik und der Lebenswandel. Doch welcher Faktor nimmt mehr Einfluss auf das Erkrankungsrisiko? Kann eine Gicht-Erkrankung überhaupt vermieden werden, wenn das genetische Risiko vorhanden ist? Oder ist es von Geburt an unvermeidbar? Dieser Artikel klärt die Fragen nach den Ursachen einer Gicht unter Einbezug einer umfassenden Studie und klärt, welche Rolle die Genetik dabei spielt.

Aktueller Forschungsstand bei Gicht

Nach aktuellem Kenntnisstand scheint eine Gichterkrankung durch das Zusammenspiel zwischen angeborenem, genetisch-bedingtem Risiko und ungesundem Lebensstil zu entstehen. Eine Ausnahme von dieser Regel sind Gichterkrankungen, die durch andere Grunderkrankungen, z.B. Blutarmut (Anämie) oder Krebs, Medikamente oder vorübergehende Stoffwechselstörungen ausgelöst werden. [1]

Jedoch muss man bei der Genetik zwischen einem familiären Risiko und einer genetisch bedingten Erkrankung unterscheiden:

  • Familiäres Risiko: Ein familiäres Risiko bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit höher ist, an einer bestimmten Krankheit zu erkranken, wenn nahe Verwandte diese Erkrankung bereits haben. Es bedeutet jedoch nicht, dass diese Erkrankung zwingend irgendwann ausbricht.
  • Genetisch-bedingte Erkrankung: Im Gegensatz dazu beruht eine genetische Erkrankung auf einem konkreten Gendefekt, der vererbt sein kann, aber nicht vererbt sein muss. Ein solcher Defekt wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu einem bestimmten Krankheitsbild führen, ohne dass dieses besonders häufig in einer Familie auftritt.

Gendefekte verursachen gesteigerte Harnsäureproduktion

Bei Gichterkrankungen gibt es einige sehr seltene Gendefekte, die für eine gesteigerte Harnsäureproduktion sorgen. Dazu zählen das Lesch-Nyhan- und das Kelley-Seegmiller-Syndrom. Sie können die Ursache für bereits in frühester Kindheit erhöhte Harnsäurespiegel sein. Diese komplett genetisch-bedingten Gichtarten machen jedoch weniger als 1% der gesamten Gichterkrankungen aus. [1]

Die meisten Gicht-Fälle gehen auf das Zusammenspiel zwischen genetischem Risiko und ungesundem Lebensstil zurück.

Studie: Doppelt so hohes Risiko für Gicht innerhalb der Familie

Gicht scheint familiär gehäuft aufzutreten. Eine groß angelegte Studie aus Taiwan hat festgestellt, dass das Risiko an Gicht zu erkranken beinahe doppelt so hoch ist, wenn bereits ein Verwandter ersten Grades an dieser Krankheit leidet. [2]

Trotz dieser ausgeprägten genetischen Veranlagung scheint Gicht jedoch nicht direkt vererbbar zu sein – ganz im Gegensatz zum erhöhten Harnsäurespiegel, der sogenannten Hyperurikämie. Eine Neigung zum erhöhten Harnsäurespiegel wird sehr oft von den Eltern an die Kinder weitergegeben, ohne dass sich daraus zwingend eine Gicht entwickeln muss. Das deckt sich auch sehr gut mit der Beobachtung, dass nur 10% der Menschen mit erhöhtem Harnsäurespiegel auch wirklich eine Gicht entwickeln. [3]

Besteht bereits eine familiäre Neigung zur erhöhten Harnsäure, können weitere genetische Faktoren zu einer Gicht führen [4].

Gicht in der Familie – gleiche Gene oder gleicher Lebensstil?

In der Studie wurden entscheidende Fragen gestellt, die viele Betroffene interessieren dürften:

  • Wie groß ist der Einfluss der Genetik auf das Erkrankungsrisiko?
  • Gibt es eine Häufung von Gicht-Erkrankungen in der Familie?
  • Ist das Erkrankungsrisiko höher, wenn der Ehepartner bereits an Gicht leidet?

Wenn es mit dem Ehepartner zusammenhängen sollte, wären die genetischen Faktoren nicht entscheidend. Vielmehr wäre das Gicht-Risiko auf die gemeinsamen Lebensumstände und das Gesundheitsverhalten der Ehepartner zurück zu führen.
Wie groß in etwa der Beitrag von Vererbung und den Umweltfaktoren zur Ausprägung der Erkrankung ist, wurde statistisch berechnet. Tatsächlich ist das Ergebnis eine überraschende Mischung:

Das Risiko, an Gicht zu erkranken, ist um mehr als das 1,6-fache erhöht, wenn der Ehepartner bereits erkrankt ist. [2]

Das bedeutet, dass die Umweltfaktoren – Übergewicht, Ernährung und Alkoholkonsum – einen größeren Anteil am Risiko ausmachen. Zusätzlich trägt die Vererbung bei Männern zu 35% zum Ausbruch der Gicht bei.

Etwas anders sieht es bei Frauen aus, deren erbliche Neigung nur zu 17% zum Ausbruch der Gichterkrankung beiträgt. Unabhängig davon scheinen jüngere Frauen speziell vor den Wechseljahren, durch den höheren Östrogenspiegel vor Gicht geschützt zu sein. [2]

Fazit

Auch diese Studie bestätigt den großen Einfluss der Umweltfaktoren wie Lebenswandel und Ernährung auf das Gichtrisiko. Zwar spielt die Genetik ebenfalls eine Rolle, allerdings eher untergeordnet.

Das deckt sich auch mit der Beobachtung, dass die Zahl der Gichtfälle gerade in westlichen Ländern mit Tendenz zu einem ungesunden Lebenswandel immer mehr steigt [5].

Diese Erkenntnis hat aber auch den Vorteil, dass aktiv das Erkrankungsrisiko kontrolliert und reduziert werden kann. Ein gesunder Lebenswandel, Reduzierung des Gewichts und eine ausgewogene Ernährung sind dabei maßgebende Faktoren. Es liegt also letzten Endes doch zu einem großen Teil in der eigenen Hand, ob man Gicht bekommt, bzw. wie stark sich die Erkrankung ausprägt.

Mehr Informationen dazu im Artikel zur richtigen Ernährung bei Gicht.

Quellen

(1) Amboss, Hyperurikämie und Gicht
(2) Kuo, C.-F., Grainge, M. J., See, L.-C., Yu, K.-H., Luo, S.-F., Valdes, A. M., … Doherty, M. (2015). Familial aggregation of gout and relative genetic and environmental contributions: a nationwide population study in Taiwan. Annals of the Rheumatic Diseases, 74(2), 369–374. Link zur Studie
(3) Krishnan, E., Lessov-Schlaggar, C. N., Krasnow, R. E., & Swan, G. E. (2012). Nature versus nurture in gout: a twin study. The American Journal of Medicine, 125(5), 499–504. Link zur Studie
(4) Merriman, T. R. (2015). An update on the genetic architecture of hyperuricemia and gout. Arthritis Research & Therapy, 17, 98. Link zur Studie
(5) Roddy, E., & Choi, H. K. (2014). Epidemiology of gout. Rheumatic Diseases Clinics of North America, 40(2), 155–175. Link zur Studie

Foto von Vidal Balielo Jr. von Pexels


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