Bei Gicht, bzw. einer Hyperurikämie, müssen bei der Ernährung zwei Dinge besonders beachtet werden.
Zum einen sollte unbedingt ein übermäßiger Verzehr von purinreichen Lebensmitteln vermieden werden. Eine Kontroll-Studie aus dem Jahr 2012 mit 633 Teilnehmern zeigt einen zeitlich unmittelbaren Zusammenhang zwischen Purinen in der Nahrung und dem Risiko eines Gichtanfalls.¹ Eine purinarme Ernährung senkt die Harnsäure, die bei der Verstoffwechselung der Nahrung entsteht, und reduziert somit maßgeblich das Risiko eines Gichtanfalls.
Zum anderen sollte das Entstehen oder Fortschreiten von Übergewicht vermieden werden. Aus nicht restlos geklärten Gründen besteht ein Zusammenhang zwischen Übergewicht und dem Risiko eines Gichtanfalls. Außerdem begünstigt Übergewicht die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus (siehe auch Begleit- und Folgeerkrankungen von Gicht). Beide Erkrankungen werden wiederum durch Gicht begünstigt und umgekehrt. Durch das Vermeiden, bzw. die Reduktion von Übergewicht, kann man einen zentralen Faktor bei der Entstehung dieser Zivilisationskrankheiten eliminieren.
Glücklicherweise decken sich viele der Maßnahmen zur Vermeidung von purinreicher Nahrung und Reduktion von Körpergewicht, sodass es möglich ist beide Ziele miteinander zu vereinbaren. Im weitesten Sinne entsprechen die Empfehlungen dabei einer ausgewogenen Mischkost, wie sie auch zum Erhalt der allgemeinen Gesundheit empfohlen wird. Jedoch gibt es einzelne Aspekte, auf die man bei Gicht und Hyperurikämie besonders achten sollte.
Inhaltsverzeichnis
Purinreiche Lebensmittel
Purine sind Bestandteil der DNA und kommen als solche in allen Zellen vor. Entsprechend ist auch besonders zellreiche Nahrung in der Regel purinhaltig, wobei es eine Reihe von Ausnahmen zu dieser Regel gibt. Dabei ist es weitestgehend egal, ob es sich um pflanzliche, oder tierische Zellen handelt. Je dichter der Zellverband, desto höher der Gehalt an Purinen.
Im Allgemeinen weisen vor allem Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte einen dichten Zellverband und dadurch auch einen hohen Gehalt an Purinen auf. Besonders kritisch sind in dieser Hinsicht Schweinefleisch, Innereien, sowie bestimmte Fischsorten wie Sprotte, Sardine, oder Hering. Unter den pflanzlichen Lebensmitteln sind es vor allem bestimmte Hülsenfrüchte wie Erbsen und Linsen, die einen hohen Puringehalt aufweisen.
Angesichts dieser Aufzählung hat sich bei vielen Menschen eingeprägt, dass ein hoher Proteingehalt in der Nahrung mit viel Purin assoziiert sei. Außerdem seien vor allem tierische Lebensmittel als bedenklich zu betrachten. Tatsächlich zählen Fleisch, Fisch und Hülsenfrüchte zu den proteinreichsten Lebensmitteln – jedoch gibt es einige entscheidende Ausnahmen von dieser Regel: So gelten Eier und insbesondere Milchprodukte trotz ihres tierischen Ursprungs als besonders purinarm und trotzdem proteinreich.
Der Grund ist einfach nachzuvollziehen: Während es sich bei Fleisch und Fisch um einen Zellverband handelt, sind Milch und Eier eine nicht-zelluläre Mischung von Nährstoffen, die der Ernährung des Nachwuchses dienen. Sie enthalten also einfach wenig, bzw. gar keine Zellen und dementsprechend wenig Purin. In diesem Sinne gilt Milch sogar als purinärmstes Lebensmittel überhaupt.
Wenn Sie sich einen detaillierten Überblick zu weiteren purinreichen Lebensmitteln verschaffen wollen, sollten Sie einen Blick auf diese Purintabelle werfen. So können Sie im Alltag schnell nachschlagen, welche Lebensmittel auf der Verbotsliste bei Gicht stehen. Außerdem finden Sie in unserem Beitrag „Purintabellen und Purinrechner“ weiterführende Informationen, wie sinnvoll ein Purin-Tracking für die Ernährung bei Gicht ist und ob Purintabellen einen wertvollen Beitrag leisten können.
Purinarme Lebensmittel
Neben Milch und Eiern gelten vor allem Gemüse und Obst als purinarm. Diese Lebensmittel enthalten zwar durchaus Zellen, jedoch bilden diese lediglich eine Art Gerüst, während der Hauptteil der Frucht aus Wasser besteht.
So sollten verschiedene Gemüsesorten wie Kreuzblüter, Salate, Tomaten, Möhren, Paprika und Kartoffeln das Fundament der Gicht-Ernährung bilden.
Ausnahmen bilden dabei Spargel, Spinat, Kohl und Rhabarber, die einen verhältnismäßig hohen Gehalt an Purinen aufweisen.
Auch Obst sollte trotz seines geringen Purin-Gehalts nur in Maßen verzehrt werden. Grund dafür ist die enthaltene Fructose. Dieser Einfachzucker kann im Rahmen seiner Verstoffwechselung den Abbau von Purinen verstärken und die Ausscheidung von Harnsäure verringern.
Als einziges Obst mit besonders günstigem Einfluss auf den Harnsäurespiegel gelten übrigens Sauerkirschen. Ihr Fructose-Gehalt ist nicht allzu hoch, dafür gelten sie traditionell als Hausmittel bei Gicht. Tatsächlich konnten auch mehrere Studien in den letzten Jahren bestätigen, dass Sauerkirschen effektiv den Harnsäurespiegel senken, und das Risiko von Gichtanfällen verringern.
Eine randomisierte, placebokontrollierte Studie mit 54 Patienten zeigte deutlich, dass der tägliche Verzehr von Sauerkirschsaft über einen Zeitraum von 4 Wochen zu einem signifikanten Rückgang der Harnsäurekonzentration und zur Verringerung der Anzahl von Gichtanfällen führte. ³
Für Diabetiker eigenen sich Kapseln aus mit Sauerkirschextrakt, da hier gar kein Zucker enthalten ist.
Weitere wichtige Lebensmittelgruppen sind Getreide, Nüsse und Samen. Diese Lebensmittel weisen in der Regel einen niedrigen bis mittleren Puringehalt auf, da sie strukturell zu einem großen Teil aus pflanzlichen Stärke-, bzw. Fettspeichern bestehen. Am besten geeignet für die Ernährung bei Gicht sind dabei Reis, Roggen und Weizen, sowie Mandeln, Hasel- und Walnüsse. Weniger günstig sind Hafer und Buchweizen, sowie Erdnüsse und Sonnenblumenkerne.
Gerade am Anfang einer Ernährungsumstellung ist es schwer, sich an die neuen Abläufe zu gewöhnen und die richtigen Lebensmittel bei Gicht in seinen Alltag zu integrieren. Damit Ihnen die Umstellung möglichst schnell gelingt und Sie zeitnah auf die ersten Erfolge blicken können, empfehlen wir Ihnen, unsere Gicht-Ernährungstabelle zu downloaden, auszudrucken und am besten in der Küche an einen gut sichtbaren Platz zu hängen.
Fette in der Ernährung bei Gicht
Die diversen Pflanzenöle, welche aus Nüssen und Kernen gewonnen werden, gelten übrigens ebenfalls als nahezu purinfrei, da sie aus den Samen herausgepresst werden. Trotzdem sollten nicht alle Sorten von Ölen bei Gicht bedenkenlos verzehrt werden, da bestimmte Pflanzenöle entzündliche Prozesse im Körper fördern.
Gicht ist mit Entzündungen auf Grund von Harnsäure-Kristallen assoziiert, sodass eine Förderung der Entzündungen vermieden werden sollte. Die entzündungsfördernde Wirkung wird auf das Verhältnis der essentiellen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren in der Nahrung zurückgeführt. Dem zu Grunde liegt ein relativ komplizierter biochemischer Prozess, der jedoch darin resultiert, dass besonders größere Mengen an Omega-6-Fettsäuren Entzündungen fördern, während Omega-3-Fettsäuren selbige hemmen.
Entsprechend ist es sinnvoll auf Öle mit einem günstigen Verhältnis der beiden Fettsäuren zurückzugreifen. Empfehlenswert sind in diesem Sinne natives Oliven- und Rapsöl, sowie für kalte Speisen Walnuss- und Leinsamenöl.
Tabus in der purinarmen Ernährung
Weitere besonders ungünstige Lebensmittel sind die besonders purinreiche Hefe und vor allem Alkohol. Die Abbauprodukte des Alkohols konkurrieren mit der Harnsäure darum, über die Nieren ausgeschieden zu werden.
Wird also vermehrt Alkohol zugeführt, nimmt die Harnsäure-Ausscheidung fast zwangsweise ab. Dieser Zusammenhang scheint besonders bei Bier stark ausgeprägt zu sein, da dieses zusätzlich noch Hefe enthält. Weniger kritisch sind hingegen wohl Wein und Spirituosen.
Koffein und Purine
Kaffee und Tee gelten hingegen als positiv in Bezug auf den Harnsäurespiegel. Jahrelang war man davon ausgegangen, dass das enthaltene Koffein, bzw. dessen Derivate zu Harnsäure abgebaut werden würde, da es chemisch mit Purin verwandt ist. Inzwischen ist man sich jedoch einig, dass dies nicht der Fall ist. Im Gegenteil gibt es inzwischen sogar Studien, die einen positiven Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum und Harnsäure beschreiben4.
Der Fahrplan zur Ernährung bei Gicht
Betrachtet man all diese Zusammenhänge ergibt sich ein relativ einfaches Bild der Ernährung bei Gicht. Den mengenmäßig größten Anteil der Ernährung sollten purinarme Gemüsesorten wie Kreuzblüter, Salate, Tomaten, Möhren, Paprika und Kartoffeln bilden, ergänzt um fettarme Milchprodukte und moderate Mengen von Eiern. Dieses Fundament wird dann ergänzt um moderate Mengen von Nüssen, Vollkorngetreide und Pflanzenöle mit einem günstigen Fettsäure-Verhältnis. Auch kleinere Mengen von Geflügel, oder Weißfisch wie Kabeljau und Scholle sind hin und wieder erlaubt.
Vermieden werden sollten größere Mengen Fleisch, Fisch, Innereien und Meeresfrüchte, Alkohol, Hefe, größere Mengen Obst und purinreiches Gemüse, sowie Lebensmittel reich an Zucker, bzw. Fructose, vor allem Softdrinks, Fruchtsäfte, Süßwaren, Gebäck und stark verarbeitete Lebensmittel. Einzige Ausnahme sollten Sauerkirschen, oder hochwertiger Sauerkirschsaft darstellen, um die Harnsäure-Ausscheidung zusätzlich anzukurbeln.
Außerdem sollten täglich mindestens 2,5 Liter Wasser, ungesüßter Tee, oder moderate Mengen schwarzer Kaffee zu sich genommen werden.
Wenn man sich weitestgehend an diese Maßnahmen hält, sollte auch die Gesamtenergiezufuhr nicht zu hoch ausfallen, sodass Übergewicht vermieden, bzw. in Verbindung mit Sport sogar reduziert werden kann.
Quellen
- Zhang Y, Chen C, Choi H, Chaisson C, Hunter D, Niu J, Neogi T. Purine-rich foods intake and recurrent gout attacks. Ann Rheum Dis. 2012 Sep;71(9):1448-53. doi: 10.1136/annrheumdis-2011-201215. Epub 2012 May 30. PMID: 22648933; PMCID: PMC3889483
- Park, K. Y., Kim, H. J., Ahn, H. S., Kim, S. H., Park, E. J., Yim, S. Y., & Jun, J. B. (2016). Effects of coffee consumption on serum uric acid: Systematic review and meta-analysis. Seminars in Arthritis and Rheumatism, 45(5), 580–586.
- Schlesinger N, Rabinowitz R, Schlesinger M. Effect of sour cherry juice on uric acid and inflammation markers: a randomized controlled trial. J Food Compos Anal. 2016;49:18-23. doi: 10.1016/j.jfca.2016.03.004.
- Choi HK, Curhan G. Coffee consumption and risk of incident gout in women: the Nurses‘ Health Study. Am J Clin Nutr. 2010 Mar;91(3):655-62. doi: 10.3945/ajcn.2009.28822. Epub 2010 Jan 27. PMID: 20107198; PMCID: PMC2824151.
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